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Wicked Plants.

Das allerletzte, was mir zu Poison Ivy einfällt, ist eine Kletterpflanze. Der Schlafmohn wäre nichts ohne Sherlock Holmes. An den Schierling könnte sich niemand erinnern, wäre da nicht die Sache mit Sokrates gewesen. So oder so ähnlich sieht die Welt der giftigen Pflanzen auch für Amy Stewart aus. Sie hat mit „Wicked Plants – The Weed that killed Lincoln´s Mother & other botanical atrocities“ ein Botanikbuch geschrieben, das Pflanzen unter ganz anderen Gesichtspunkten zusammenfasst, als Botanikbücher das für gewöhnlich tun.

Tödlich, gefährlich, schmerzhaft, verboten, berauschend oder beleidigend für die Sinne sind die Kategorien, in die Amy Stewart ihre gesammelten Gewächse einsortiert. Damit die Botaniker auch auf ihre Kosten kommen, werden die jeweilige Pflanzenfamilie, gebräuchliche Bezeichnungen, Herkunft und typische Standorte genannt. Das wäre schrecklich langweilig, gäbe es dazu nicht unheimliche Geschichten. Und unheimlich großartige Radierungen. Amy Stewart erzählt über Pflanzen, als beschriebe sie Menschen aus der Nachbarschaft. Alte Bekannte kommen darin vor. Die tödliche Kartoffel zum Beispiel. Rhabarberblätter. Cashew-Nüsse. Aus denen stellt die Autorin ein tödliches Dinner zusammen. Welche nicht ganz ungiftigen Pflanzen in Absinth, Tequila und Zubrowka enthalten sind, ist im Kapitel „The Devil´s Bartender“ zu lesen. Außerdem stellt sie einen wirklich furchteinflößenden Blumenstrauß zusammen. Stewart hat die Mythen gesammelt, die sich um berühmte Giftpflanzen ranken. Sie geht ihnen nach und schaut mal, ob was dran ist. Was man dabei lernen kann? Die Alraune ist besser als ihr Ruf, aber nicht sehr. Ihr berühmtester Auftritt: Shakespeares Romeo und Julia. Traue keinem Nachtschattengewächs. Pfeilgifte sind eine interessante Alternative zu Schusswaffen. Alice im Wunderland hatte vermutlich eine Fliegenpilzvergiftung.

„Wicked Plants“ ist kein Pflanzenbestimmungsbuch. Technisch müsste man wohl von einem erzählerischen Sachbuch sprechen. Genau genommen sind es Kriminalgeschichten, in denen die Pflanzen der Mörder sind, und nicht etwa der Gärtner. Es ist dennoch weder Hexenkochbuch noch Anleitung zur Boshaftigkeit. Möglicher Weise betrachtet man aber seine nähere Umgebung nach dem Lesen anders als davor und verzichtet auf den Rittersporn im Garten, solange die Kinder noch klein sind.

Ich habe die englische Version gelesen, weil mir der Einband besser gefiel.
Das Buch gibt es aber auch auf deutsch: Amy Stewart, Gemeine Gewächse, EUR 11,99.