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Wachstum & Moral.

Habt ihr im Biologieunterricht das Experiment mit der Bohne gemacht, die man auf einen nassen Wattebausch legt? Es kann auch Heimat- oder Sachkunde gewesen sein. Jeden Tag um etwa dieselbe Zeit besucht man Bausch und Bohne, um zu sehen, was zwischenzeitlich passiert ist. Weil die meisten Kinder für das, was da passiert, nicht die rechten Worte finden, sind sie vom Lehrpersonal angehalten, die Entwicklung der Bohne zu zeichnen. Erst liegt sie da bloß rum, langweilig, krumpelig und oll. Man blickt so drauf und denkt sich: Das ist ´ne Bohne, die machen nicht viel. Klammheimlich saugt die Bohne das Wasser auf. Glatt und weich wird ihre äußere Hülle, gespannt, als wolle sie gleich platzen. Das will sie auch, pass auf! das macht sie gleich. Heraus drängelt sich ein blasser Keim, der die Bohne in zwei Hälften teilt und auseinander drückt. In die eine Richtung wachsen Wurzeln, wir wollen das kurzerhand unten nennen. In die andere Richtung, hin zum Licht, wächst der Keim sich zu einem Stengel aus, an dem die ersten beiden Blätter entstehen.

Ich habe nicht mit Bohnen experimentiert, sondern Kohlrabi, Thymian, Erdbeeren und Physalis gesät. Statt der Watte habe ich mich für Pflanzerde entschieden. Die armen Pflanzen sollen ja nicht denken, bei mir gäb´s nichts zu essen. Ich habe sie fast zwei Wochen lang einfach machen lassen und ihnen dabei zugesehen. Sie haben es alle geschafft! Heute habe ich den Kohlrabi in kleine Papiertöpfe umgesetzt.

Wachstum, Alter! Wachstum fetzt.

Notiz an mich, betrifft: Kürbis.

Seit neuestem kennt mein kleines Kind eine Person namens ICH. Seit etwa der selben Zeit besteht es darauf, Dinge selber zu machen. Nur selten ordnet es an: Mama, helfen!

Im Grunde hat das Kind Recht. Selber machen ist König. Ich erinnerte mich an die Kürbiskerne im Baumarkt. Eingetütet und mit Preisschild versehen. Kürbiskerne, dachte ich den Gedanke zuende – viel zu selten kommt man dazu, auch mal etwas zuende zu denken, wahrscheinlich macht man deshalb so selten etwas selber – Kürbiskerne sind eigentlich Biomüll. Man muss die doch nur aus dem orangen Matsch rauspellen, trocknen und später im Garten verbuddeln. Es gibt exakt einen Grund, Kürbissamen im Baumarkt zu kaufen: Vergesslichkeit. Wer zur Erntezeit keine Kerne aufhebt, kann zur Saatzeit keine verbuddeln. Aber dieses Jahr ist Gartenjahr, dieses Jahr werde ich Kürbiskerne haben und nicht kaufen.

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Na gut, das stimmt nur so halb. Ich habe den kleinen, handlichen Hokkaidokürbis immerhin bezahlt und nicht etwa geklaut. Angelegentlich der heutigen Kürbissuppe habe ich ihn ordnungsgemäß entkernt. Eine Weile habe ich das Kürbisgekröse skeptisch betrachtet. Sieht immer aus wie Hat gut geschmeckt, brauchste nicht mehr kochen. Ich spiele auch viel weniger gerne mit orangem Matsch als ich das meiner Erinnerung nach früher tat. Vielleicht hätte ich das Kind fragen sollen, ob es mir hilft. Nicht ohne Stolz halte ich aber fest: Uns steht ausreichend Material zum Kürbisanbau zur Verfügung. Soviel sogar, dass ich überlege, nach vollendeter Trocknung Papiertüten drum herum zu machen.

Praktisch wäre es nun, wenn dieser Blogeintrag nächstes Jahr um die selbe Zeit bei mir anrufen könnte. „Hallo, ich bin´s, dein Februar 2013 – denk´ an die dämlichen Kürbiskerne!“ Ob ich Siri darum bitte?

Neulich im Baumarkt.

Ich ging im Baumarkt so vor mich her und suchte nichts. Vor dem Saatgut-Regal kam ich zum Stehen. Am liebsten wollte ich sofort, und zwar alles. Schal, Mütze und Handschuhe erinnerten mich daran, dass der Zeitpunkt ungeeignet ist, selbst wenn Kaltkeimer auf der Tüte steht.

Weil Baumarktbetreibern die Ungeduld der Hobbygärtner bekannt ist, stand direkt daneben noch ein Regal. Anzuchterde. Zimmergewächshaus. Klar, warum nicht einfach mal was in die Küche pflanzen? Dass bei mir seit Jahren nichts gedeiht, was Blätter hat, hinderte mich nicht.

Physalis, Thymian, Monatserdbeeren und Kohlrabi sollen es werden. Die Anleitung auf der Rückseite der Papiertütchen behauptet: Nach 5-8 Tagen keimt der Kohlrabi, 7-14 brauchen Erdbeere und Physalis. Der Thymian ist mit 12-18 Tagen Keimdauer ein Bummelant. Alle vier hätten gerne kuschelige 20 Grad, genau wie ich.

Wir treffen uns also in zwei Wochen wieder hier und sehen mal nach, was in der Zwischenzeit passiert ist. Setzlinge kann ich dann immer noch kaufen.

Wicked Plants.

Das allerletzte, was mir zu Poison Ivy einfällt, ist eine Kletterpflanze. Der Schlafmohn wäre nichts ohne Sherlock Holmes. An den Schierling könnte sich niemand erinnern, wäre da nicht die Sache mit Sokrates gewesen. So oder so ähnlich sieht die Welt der giftigen Pflanzen auch für Amy Stewart aus. Sie hat mit „Wicked Plants – The Weed that killed Lincoln´s Mother & other botanical atrocities“ ein Botanikbuch geschrieben, das Pflanzen unter ganz anderen Gesichtspunkten zusammenfasst, als Botanikbücher das für gewöhnlich tun.

Tödlich, gefährlich, schmerzhaft, verboten, berauschend oder beleidigend für die Sinne sind die Kategorien, in die Amy Stewart ihre gesammelten Gewächse einsortiert. Damit die Botaniker auch auf ihre Kosten kommen, werden die jeweilige Pflanzenfamilie, gebräuchliche Bezeichnungen, Herkunft und typische Standorte genannt. Das wäre schrecklich langweilig, gäbe es dazu nicht unheimliche Geschichten. Und unheimlich großartige Radierungen. Amy Stewart erzählt über Pflanzen, als beschriebe sie Menschen aus der Nachbarschaft. Alte Bekannte kommen darin vor. Die tödliche Kartoffel zum Beispiel. Rhabarberblätter. Cashew-Nüsse. Aus denen stellt die Autorin ein tödliches Dinner zusammen. Welche nicht ganz ungiftigen Pflanzen in Absinth, Tequila und Zubrowka enthalten sind, ist im Kapitel „The Devil´s Bartender“ zu lesen. Außerdem stellt sie einen wirklich furchteinflößenden Blumenstrauß zusammen. Stewart hat die Mythen gesammelt, die sich um berühmte Giftpflanzen ranken. Sie geht ihnen nach und schaut mal, ob was dran ist. Was man dabei lernen kann? Die Alraune ist besser als ihr Ruf, aber nicht sehr. Ihr berühmtester Auftritt: Shakespeares Romeo und Julia. Traue keinem Nachtschattengewächs. Pfeilgifte sind eine interessante Alternative zu Schusswaffen. Alice im Wunderland hatte vermutlich eine Fliegenpilzvergiftung.

„Wicked Plants“ ist kein Pflanzenbestimmungsbuch. Technisch müsste man wohl von einem erzählerischen Sachbuch sprechen. Genau genommen sind es Kriminalgeschichten, in denen die Pflanzen der Mörder sind, und nicht etwa der Gärtner. Es ist dennoch weder Hexenkochbuch noch Anleitung zur Boshaftigkeit. Möglicher Weise betrachtet man aber seine nähere Umgebung nach dem Lesen anders als davor und verzichtet auf den Rittersporn im Garten, solange die Kinder noch klein sind.

Ich habe die englische Version gelesen, weil mir der Einband besser gefiel.
Das Buch gibt es aber auch auf deutsch: Amy Stewart, Gemeine Gewächse, EUR 11,99.

Ein Loblied.

Selten lobt man seine Kinder für ihren guten Filmgeschmack. Kinder sind Menschen, die kichern, wenn einer „Titikakasee“ sagt. Kinder finden Furzkissen gut und singen Lieder über Popel. Kinder sehen sich die Gummibärenbande an, ohne mit der Wimper zu zucken. Zu Recht also lobt man ihren Sinn für Komik, Filme und komische Filme zunächst nur sehr verhalten.

Wer es dennoch tut, hat möglichweise gerade in Disney´s „Phineas & Ferb“ geschaltet und ist mit Kartoffel in der einen und Schälmesser in der anderen Hand im Türrahmen stehen geblieben und steht da immer noch.

„Phineas und Ferb drankriegen!“ ist die Losung von Candace Flynn, der es nie gelingt, ihre kleinen Brüder bei der Mutter zu verpetzen. Phineas und Ferb sind zwei kleine Typen mit Ananashaaren in rot und grün. Wenn ihnen langweilig ist, bauen sie in allerfeinster MacGyver-Manier Dinge. Ihnen gehört ein Schnabeltier mit Hut, das eine eigene Erkennungmelodie besitzt und psssst! Geheimagent ist. *Pe-erry!* Erzfeind des Schnabeltiers ist Dr. Heinz Doofenshmirtz. Der hatte eine schwere Kindheit und versucht täglich, sich dafür zu rächen. Für Kinder ist das übrigens ein völlig plausibles Setting. Verblüffen kann man sie allenfalls mit der Behauptung, dass Schnabeltiere gar nicht türkis sind und selten Hüte tragen.

Die Serie zeichnet aus, was man in dieser Konsequenz selten findet. Sie funktioniert nach einem strengen Schema. Sie überrascht dennoch täglich mit einer neuen Variante des Schemas. Das fühlt sich bequem an wie ein Hausschuh und lässt den Hauptfiguren Spielraum. So einfach die gezeichnet sein mögen, sie haben allesamt Charakter. Dass sie so vertraut erscheinen, hat einen einfachen Grund. Sie sind Parodien auf Klassiker der Filmgeschichte. Perry und Doofenshmirtz sind Bond und Goldfinger, Itchy und Scratchy, Batman und der Joker. Sie funktionieren nur zusammen, aber stets gegeneinander. Als in einer Folge Perry einen neuen Erzfeind zugeteilt bekommt, vernichten ihn Doofenshmirtz und Perry kurzerhand gemeinsam.

Ganz ohne aufdringliche Pädagogik ist Danville ein multikultureller Ort, an dem erstaunlich viel gesungen wird. Sehr gut gesungen wird. Manchmal auch schief. Mit unsanfter E-Gitarren-Begleitung auf Disney-untypische Texte.

Das wirklich Große, Warme und Gute an Phineas und Ferb ist das Menschenbild. Jeder macht Fehler, jeder hat Schwächen, jeder liebt jemanden. Selbst Buford, der örtliche Schläger, ist hinter seinem Bulldoggengesicht ein liebes Kerlchen, das sich hinreißend um seinen Goldfisch kümmert. Am Ende des Tages ist auch Perry wieder da, und es gibt Kekse für alle.

Phineas und Ferb ist ein Loblied auf die Verrücktheit. Ich bin dem Kind zutiefst dankbar, das im rechten Moment umgeschaltet hat.

Servicehinweis: Phineas & Ferb läuft täglich als Doppelfolge um 19:20 Uhr auf Toggo.

Eine Gartengeschichte.

Gerade versuche ich etwas, das ich vorher noch nie gemacht habe. Ich schreibe und illustriere ein Kinderbuch. Um genau zu sein: habe geschrieben, illustriere noch so rum.

Die Geschichte ist schnell erzählt, es ist nämlich ein Buch für eher kleine Kinder. Die wollen nicht durch allzu viele Wörter gestört werden, die wollen Bilder sehen. Also: Geschichte kurz, Bilder viel.

Es gibt in unserem Hof Gärten mit allerhand Tieren darin. Ein Eichhörnchen, einen Stadtfuchs, Frau Amsel, einen Igel und noch ein paar. Außerdem spielen dort allerhand Kinder. Wie es in Gärten so ist – man kennt sich, man grüßt sich, man koexistiert. So auch die Hofkinder und die Gartentiere. Gelegentlich aber erlebt man zusammen etwas. Wenn´s was Gutes ist, müsste von rechts wegen Hans Fallada kommen, um es aufzuschreiben. Wenn der das aus irgendwelchen Gründen nicht geregelt kriegt, weil er beispielsweise schon tot ist, muss das eben jemand anders erledigen.

Ich hoffe, ich kann nächstens das ganze Buch zeigen. Bis dahin werden Illustrationsfortschritte dokumentiert. Prost!

Ein Ausmalbuch.

Die meisten Ausmalbücher, die ich kenne, sind langweilig. Nie sind die bunt, ewig zu klein und wenn man mit Filzstift drauf malt, drückt die Farbe durch. Das zu verbessern kann so schwer nicht sein, dachte ich mir, als ich anfing zu zeichnen. Man soll sich ja immer nur lösbare Aufgaben stellen.

Das Papier-Problem hat der Kopierladen für mich behoben. Auf 160g-Papier kann tuschen, wer Wasserfarbe liebt. DIN A3 ist vor allem für schwungvolle kleine Grobmotoriker gut geeignet. Ich habe die Blätter an der kurzen Seite per Metallringbindung verbunden, Folie davor, Pappe dahinter – fertig ist der Malblock.

Ihr könnt das PDF runterladen, ausdrucken, binden (oder auch nicht) und dann … naja: ausmalen eben. Ist für umme & nur so zum Spaß. Schenk´ich euch zum Kindertag.

Die wunderbar eckige Schrift, aus der die Seitenzahlen und die Icons gemacht sind, heißt Paper Johnny. Sie ist von Stefanie Körner, der ich ganz herzlich danke!